Flavius Josephus






Römische Büste, die auf Flavius Josephus gedeutet wurde, Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen.


Flavius Josephus (altgriechisch Φλάβιος Ἰώσηπος; * 37 oder 38 in Jerusalem als Joseph ben Mathitjahu ha Kohen, hebräisch .mw-parser-output .Hebr{font-size:115%}
יוסף בן מתתיהו
, Ἰώσηπος Ματθίου παῖς „Josephos, Sohn des Matthias“[1]; † nach 100 vermutlich in Rom) war ein römisch-jüdischer Geschichtsschreiber. Er verfasste seine Werke in griechischer Sprache, zum Teil aber zunächst in seiner aramäischen Muttersprache.


Josephus ist neben Philon von Alexandria der wichtigste Autor des hellenistischen Judentums. Er schloss sich, obwohl seiner Herkunft nach den Sadduzäern nahestehend, früh den Pharisäern an.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Leben


  • 2 Familie


  • 3 Werk


  • 4 Wirkung


  • 5 Ausgaben und Übersetzungen


  • 6 Literatur


  • 7 Weblinks


  • 8 Anmerkungen





Leben |


Joseph ben Mathitjahu war der Sohn einer angesehenen priesterlich-königlichen Familie aus Jerusalem. In seinen eigenen Schriften benutzte er niemals den Namen Flavius; der erste Nachweis für diese Identifizierung scheint Origenes zu sein.


Während des Jüdischen Krieges gegen Rom in den Jahren von 66 bis 70 war der Priester Josephus zunächst jüdischer Militärkommandeur in Galiläa. In dieser Funktion war er mit der Befestigung vieler Städte in Galiläa betraut und war u. a. Militärkommandant von Jotapata. Er wurde 67 von den Truppen des Vespasian bei der Eroberung Jotapatas gefangen genommen.[2] Als die Römer in die Stadt eindrangen, gelang es ihm im Häuserkampf, sich mit 40 Männern in einer Zisterne zu verstecken. Nikanor, ein römischer Freund von Josephus, überbrachte das Angebot des Vespasian: Kapitulation gegen Leben. Die eingeschlossenen jüdischen Kämpfer entschlossen sich allerdings zum Selbstmord, wobei das Los entschied, wer als nächstes getötet werden sollte. Nur Josephus und ein Mann namens Ja'akow, den er vereinbarungsgemäß hätte umbringen müssen, überlebten und ergaben sich den Römern. Die Römer nahmen sie gefangen, töteten sie aber nicht. Er weissagte, Vespasian und sein Sohn Titus würden einst Kaiser in Rom werden. Als Vespasian Anfang Juli 69 von den Legionen zum Kaiser ausgerufen wurde und sich seine Prophezeiung insoweit bewahrheitet hatte, wurde Josephus förmlich freigelassen. Als libertus nahm er den Gentilnamen Flavius des neuen Kaisers an.[3]


Bei der Belagerung Jerusalems diente er den Römern als Dolmetscher und befragte Überläufer und Gefangene.[4] Um die Stadt und den herodianischen Tempel zu schonen, versuchte er vergeblich, zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln. Letztlich fiel Jerusalem im Jahre 70 an die Römer unter Vespasians Sohn Titus, der nach der Ausrufung seines Vaters zum Kaiser das Oberkommando übernommen hatte.


Mit Titus ging Josephus nach Rom, wo er das römische Bürgerrecht erhielt (unter dem Namen Titus Flavius Iosephus, zu Ehren seiner flavischen Förderer).[5] Er bekam vom Kaiser eine Villa und eine stattliche Pension. Daher konnte er sich fortan seinen literarischen Arbeiten widmen. Er starb nach 100.



Familie |


Josephus’ erste Frau starb während der Eroberung Jerusalems. Nach dem Ende seiner Gefangennahme heiratete Josephus in zweiter Ehe eine jüdische Mitgefangene, von der er sich trennte, als er mit Vespasian nach Alexandria zog.


Um 70 heiratete er eine Jüdin aus Alexandria, mit der er drei Söhne hatte. Nur einer – Flavius Hyrcanus – wurde erwachsen. Flavius Josephus ließ sich scheiden und heiratete um das Jahr 75 eine kretische Jüdin aus guter Familie. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne, Flavius Justus und Simonides Agrippa, hervor.[6]



Werk |




Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae in lateinischer Übersetzung in der Handschrift Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 66.5, fol. 2v (11. Jahrhundert)




Flavius Josephus, Jüdischer Krieg in lateinischer Übersetzung in der Handschrift Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 66.7, fol. 1r (15. Jahrhundert)


In Rom verfasste er mehrere Werke. Als erstes schrieb er in den Jahren 75–79 das Werk Geschichte des jüdischen Krieges (altgriechisch Ἱστορία Ἰουδαϊκοῦ πολέμου πρὸς Ῥωμαίους, lateinisch Bellum Judaicum oder De bello Judaico). Darin schilderte er den langen Kampf der Juden gegen Fremdherrschaft, beginnend mit der Besetzung Jerusalems durch die Seleukiden unter Antiochos IV. Epiphanes im Jahre 174 v. Chr., und den anschließenden Aufstand unter Führung der Makkabäer. Nach etlichen kleineren Aufständen gegen die jeweilige Fremdherrschaft kam es in den Jahren 66–70 zum großen Aufstand der Juden gegen Rom, der als Erster Jüdischer Krieg in die Geschichte einging und einen Großteil der sieben Bücher füllt.


In den folgenden Jahren bis 94 schrieb er Antiquitates Judaicae in 20 Büchern (Jüdische Altertümer, auch unter dem Titel Jüdische Archäologie). Darin schilderte Josephus die Geschichte des jüdischen Volkes von der Schöpfung bis zum Ausbruch des Aufstandes im Jahre 66. Dabei hielt er sich weitgehend an die Schilderungen im Tanach, soweit diese historisch reichten. Für die Zeit danach, also die Zeit der Makkabäer oder Hasmonäer und vor allem für das 1. Jahrhundert vor und nach Christus, also die Zeit von Herodes dem Großen und seiner Söhne sowie für das Urchristentum, ist er heute eine bedeutsame historische Quelle, da er sich auf andere, nicht erhaltene Werke stützt.


Um das Jahr 96 erschienen noch zwei kleinere Werke, nämlich Über die Ursprünglichkeit des Judentums (Contra Apionem, auch unter dem Titel Über das Alter der Juden) und eine Schrift, die als Vita (Leben, seine Autobiographie) bekanntgeworden ist. In diesen Werken verteidigte er vor allem das Judentum gegen antijudaistische Vorwürfe und sich selbst gegen persönliche Kritik.



Wirkung |





Jüdische Chronic, eine frühe deutsche Übersetzung von De Bello Judaico, 1552. Titelblatt mit einem Fantasie-Autorenporträt


In der jüdischen Bevölkerung hinterließ Josephus und vor allem sein Werk zunächst keinen nennenswerten Eindruck. Für sie war er zunächst nur ein Romgünstling und Verräter, auch für viele, die sich nicht dem Kampf gegen die Römer angeschlossen hatten. Sein Einsatz für jüdische Belange in Rom brachte ihm einige Sympathien zurück, das Verhältnis blieb jedoch bis zu seinem Tod ambivalent. Erst in der Gegenwart erlebt Josephus im Staat Israel eine Art Renaissance.


Seine Mithilfe bei der Niederwerfung des ersten jüdischen Aufstandes machte ihn aus römischer Sicht zum Prestigeobjekt. Seine Werke wurden in Rom hundertfach kopiert.


Mangels anderer zeitgenössischer Quellen aus Judäa und Galiläa stützt sich Eusebius von Caesarea in seiner Kirchengeschichte fast ausschließlich auf die Angaben von Josephus, insofern es sich nicht um Zitate aus den Büchern des Neuen Testaments handelt. Josephus ist für Eusebius der Kronzeuge für die Ereignisse zu Lebzeiten Jesu und für die Zeit des Urchristentums.


Im Mittelalter waren die Werke Josephus’ teilweise bekannt. So erwähnt ihn beispielsweise Widukind von Corvey in seiner Res gestae Saxonicae. Im Zuge der humanistischen Bewegung wurden auch die jüdischen Altertümer und der Jüdische Krieg u. a. in lateinischer Übersetzung gedruckt, blieben aber in ihrer Popularität weit hinter anderen römischen Historikern zurück.[7] Mit Beginn der Aufklärung und der zunehmenden Unabhängigkeit der forschenden Wissenschaften vom Einfluss der Kirche und kirchlicher Dogmen wurden speziell die zwei Stellen in Josephus’ Schriften, die sich unmittelbar mit Jesus befassen, kritischen Untersuchungen unterzogen. Dieses sogenannte Testimonium Flavianum (Zeugnis des Flavius) wird, je nach Blickwinkel und Einstellung des Untersuchers, unterschiedlich bewertet. Die einen betrachten es als eine christliche Einfügung (und daher nicht original von Josephus). Andere sehen darin eine von christlichen Kopisten ausgeschmückte Version eines kürzeren Originals von Josephus. Eine weitere Gruppe betrachtet es als einen verkürzten und korrumpierten (verstümmelten) Rest eines ursprünglich wesentlich längeren Originaltextes von Josephus.



Ausgaben und Übersetzungen |




  • Benedictus Niese (Hrsg.): Flavii Iosephi opera. 7 Bde., Berlin 1885–1895.


  • Jüdische Altertümer. Übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Heinrich Clementz. Mit Paragraphenzählung nach Flavii Josephi Opera recognovit Benedictus Niese (Editio minor), Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-62-2.


  • Jüdische Altertümer. Übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Heinrich Clementz, Halle 1900. Band 1 (Digitalisat) Band 2 (Digitalisat)


  • Der Jüdische Krieg und Kleinere Schriften. Übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Dr. Heinrich Clementz. Mit Paragraphenzählung nach Flavii Josephi Opera recognovit Benedictus Niese (Editio minor), Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-018-8.


  • Der Jüdische Krieg. Übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Dr. Heinrich Clementz, Halle 1900. (Digitalisat)


  • Kleinere Schriften. Übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Dr. Heinrich Clementz, Halle 1900 (Digitalisat)


  • Flavius Josephus. Vom Jüdischen Kriege Buch I – IV. Nach der slawischen Übersetzung deutsch herausgegeben und mit dem griechischen Text verglichen (Hg. v. Alexander Berendts u. Konrad Grass), Dorpat 1924; ND Hildesheim, New York 1979, ISBN 3-487-06712-9.


  • De bello Iudaico. Griechisch–deutsch, hrsg. und mit einer Einleitung sowie mit Anmerkungen versehen von Otto Michel und Otto Bauernfeind, 3 Bde., 1959–1969.

  • Flavius Josephus: Aus meinem Leben (Vita). Kritische Ausgabe, Übersetzung und Kommentar. Hrsg. von Folker Siegert, Heinz Schreckenberg, Manuel Vogel und dem Josephus-Arbeitskreis des Institutum Judaicum Delitzschianum, Münster. 2. Auflage, Mohr Siebeck, Tübingen 2001, ISBN 978-3-16-147407-1.


  • Contra Apionem, Buch I. Einleitung, Text, textkritischer Apparat, Übersetzung und Kommentar von Dagmar Labow. Stuttgart 2005, ISBN 3-17-018791-0.


  • Über die Ursprünglichkeit des Judentums (Contra Apionem). Erstmalige Kollation der gesamten Überlieferung (griechische, lateinische, armenische), literarkritische Analyse und deutsche Übersetzung. Herausgegeben von Folker Siegert. Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-54206-4.



Literatur |


Darstellungen und Analysen




  • William R. Farmer: Maccabees, Zelotes and Josephus. 2. Auflage. Columbia University Press, New York 1958.


  • Geoffrey A. Williamson: The World of Josephus. Secker & Warburg, London 1964.

  • Adolf Lumpe: Josephus, Flavius. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-035-2, Sp. 710–713.

  • Steve Mason: Flavius Josephus und das Neue Testament. Francke, Tübingen/Basel 2000, ISBN 3-8252-2130-X.


  • Christfried Böttrich, Jens Herzer (Hrsg.): Josephus und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen. Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 978-3-16-149368-3.

  • Oliver Gußmann: Das Priesterverständnis des Flavius Josephus. Mohr Siebeck, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-149562-5.


  • Heinz Schreckenberg: Josephus (Flavius Josephus). In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 18. Hiersemann, Stuttgart 1998, Sp. 761–801.

  • Michael Tuval: From Jerusalem Priest to Roman Jew. On Josephus and the Paradigms of Ancient Judaism. Mohr Siebeck, Tübingen 2013, ISBN 978-3-16-152386-1.


Rezeption




  • Christian Tümpel: Die Rezeption der Jüdischen Altertümer des Flavius Josephus in den holländischen Historiendarstellungen des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Herman Vekeman, Justus Müller Hofstede (Hrsg.): Wort und Bild in der niederländischen Kunst und Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts. Lukassen, Erftstadt 1984, ISBN 3-923769-04-0, S. 173–204.

  • René Bloch: Iosephos Flavios (Flavius Josephus). Bellum Iudaicum. In: Christine Walde (Hrsg.): Die Rezeption der antiken Literatur. Kulturhistorisches Werklexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 7). Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 978-3-476-02034-5, Sp. 397–406.

  • Heinz Schreckenberg: Rezeptionsgeschichtliche und textkritische Untersuchungen zu Flavius Josephus. Brill, Leiden 1977, ISBN 90-04-05263-1


Bibliographie


  • Heinz Schreckenberg: Bibliographie zu Flavius Josephus (= Arbeiten zur Literatur und Geschichte des hellenistischen Judentums. Band 14). Brill, Leiden 1968. Supplementband mit Gesamtregister. Brill, Leiden 1979.


Weblinks |



 Commons: Flavius Josephus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wikisource: Der Jüdische Krieg auf Griechisch – Quellen und Volltexte


 Wikisource: Der Jüdische Krieg auf Deutsch – Quellen und Volltexte


 Wikisource: Flavius Josephus – Quellen und Volltexte



  • Literatur von und über Flavius Josephus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek


  • Werke von und über Flavius Josephus in der Deutschen Digitalen Bibliothek

  • Werke des Josephus (englisch)

  • Jona Lendering: Josephus. In: Livius.org (englisch)



Anmerkungen |




  1. Eigenbezeichnung in seinem Werk Geschichte des jüdischen Krieges 1,1,3.


  2. Heinz Schreckenberg: Josephus (Flavius Josephus). In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 18, Sp. 761–801, hier Sp. 765.


  3. Heinz Schreckenberg: Josephus (Flavius Josephus). In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 18, Sp. 761–801, hier Sp. 766.


  4. Heinz Schreckenberg: Josephus (Flavius Josephus). In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 18, Sp. 761–801, hier Sp. 767.


  5. Für den Namen Titus gibt es jedoch keine zeitgenössischen Belege. Der Name Flavius wird in jüdischen Quellen ignoriert. Siehe Oliver Gußmann: Das Priesterverständnis des Flavius Josephus, S. 201.


  6. Heinz Schreckenberg: Josephus (Flavius Josephus). In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 18, Sp. 761–801, hier Sp. 764.


  7. Peter Burke: A Survey of the Popularity of Ancient Historians, 1450–1700. In: History and Theory, Jg. 5 (1966), Heft 2, S. 135–152.
































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