Tonsprache




Als Tonsprache, Tonalsprache oder tonale Sprache bezeichnet man eine Sprache, bei der mit einer Änderung der Tonhöhe oder des Tonverlaufs in einer Silbe in der Regel auch eine Änderung der Bedeutung des entsprechenden Wortes (bzw. Morphems) einhergeht. Tonsprachen sind die häufigsten aller heute weltweit gesprochenen Sprachen, umfassen allerdings nicht die Mehrheit aller Sprecher. Zu den tonalen Sprachen gehören u. a. die folgenden Sprachen:




  • chinesische Sprachen wie zum Beispiel Hochchinesisch oder Kantonesisch,


  • Tai-Kadai-Sprachen, zum Beispiel Thai und Laotisch,


  • Hmong-Mien-Sprachen,


  • Vietnamesisch, eine austroasiatische Sprache,

  • Tsat, eine austronesische Sprache,


  • afroasiatische Sprachen, zum Beispiel Hausa in Westafrika,

  • viele Niger-Kongo-Sprachen, zum Beispiel Yoruba und Igbo in Westafrika und isiXhosa in Südafrika,


  • nilosaharanische Sprachen, zum Beispiel Kanuri in Westafrika,


  • Khoisan-Sprachen im südlichen Afrika,


  • Mayathan, die Maya-Sprache von Yucatán, im Gegensatz zu anderen Maya-Sprachen,

  • viele der indigenen Sprachen Amerikas, zum Beispiel die Apache-Sprachen,

  • einige indogermanische Sprachen, zum Beispiel Panjabi, Altgriechisch in seiner Originalaussprache, Litauisch, Norwegisch, Schwedisch und einige süddänische Dialekte[1], die südslawischen Sprachen Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und Slowenisch, Limburgisch und die ripuarischen Mundarten des Deutschen.


Sprachen, welche allein die Satzmelodie benutzen, um grammatische Strukturen oder Satzglieder hervorzuheben (zum Beispiel Stimmhebung am Ende eines Fragesatzes im Deutschen), sind keine tonalen Sprachen; bei tonalen Sprachen kann dieses Merkmal jedoch zusätzlich vorkommen. In tonalen Sprachen gehört der Ton fest zum Wort (bzw. Morphem) und es gibt Wörter ganz unterschiedlicher Bedeutung, die sich klanglich nur durch den Tonverlauf oder die Tonhöhe unterscheiden. Je nach Sprache spielt der Ton auch in der Grammatik eine mehr oder weniger große Rolle.



Grundsätzlich unterscheidet man zwei bzw. drei Arten von Tonsprachen:




  • Registertonsprachen, mit gleichbleibenden Tonhöhen, z. B. gleichbleibend hoch oder gleichbleibend tief,


  • Konturtonsprachen, mit verschiedenen Tonhöhenverläufen, z. B. steigend,


  • Tonakzentsprachen (uneigentliche Tonsprachen), bei denen Wörter (bzw. Morpheme) durch verschiedenartige Betonung unterschieden werden, die Betonung aber nicht (oder nicht allein) durch einen Druckakzent, sondern durch eine andere Tonhöhe oder einen anderen Tonverlauf realisiert wird.


Es existieren auch Kombinationen dieser Grundtypen. Die tonalen Sprachen Europas gehören zu den Tonakzentsprachen und nutzen sowohl tonale als auch nicht-tonale Silben.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Töne im Hochchinesischen


  • 2 Siehe auch


  • 3 Literatur


  • 4 Weblinks


  • 5 Einzelnachweise





Töne im Hochchinesischen |



Das Hochchinesische („Mandarin“, Pǔtōnghuà) gehört zu den Konturtonsprachen. Es unterscheidet vier oder fünf Töne; der fünfte wird häufig nicht als Ton für sich selbst gezählt, was aber eine relativ willkürliche Festlegung ist:




Die vier Töne des Hochchinesischen



  • Erster Ton (chinesisch .mw-parser-output .Hant{font-size:110%}
    陰平 / .mw-parser-output .Hans{font-size:110%}
    阴平, Pinyin yīn píng ‚Yin-Pegel‘): Die Tonhöhe des hohen Tons ist konstant und hoch, der Ton klingt fast gesungen statt gesprochen.

  • Zweiter Ton (chinesisch 
    陽平 / 
    阳平, Pinyin yáng píng ‚Yang-Pegel‘): Die Tonhöhe des steigenden Tons steigt von der unteren bis mittleren in die hohe Tonlage, ähnlich der Intonation einer Frage im Deutschen.

  • Dritter Ton (chinesisch 
    上聲 / 
    上声, Pinyin shǎng shēng ‚ansteigender Ton‘): Beim fallend-steigenden Ton sinkt die Tonhöhe aus dem mittleren Niveau nach unten und steigt in der Regel wieder in das mittlere Niveau. Durch Tonsandhis treten hier Ausnahmen auf (siehe unten).

  • Vierter Ton (chinesisch 
    去聲 / 
    去声, Pinyin qù shēng ‚fallender Ton‘): Die Tonhöhe fällt scharf nach unten, die Silbe wird kürzer und mit mehr Affekt ausgesprochen, vergleichbar mit der deutschen Betonung eines Befehles (z. B. Geh!).


Der neutrale fünfte Ton wird dabei meist nicht mitgezählt:


  • Neutraler Ton (chinesisch 
    輕聲 / 
    轻声, Pinyin qīng shēng ‚leichter Ton‘): Der neutrale Ton klingt kurz und leicht und wird deshalb häufig nicht als ein eigener Ton betrachtet.

Der neutrale Ton tritt häufig bei mehrsilbigen Wörtern auf, bei denen die zweite Silbe weniger stark ausgesprochen wird als die erste. So wird .mw-parser-output .Bopo{font-size:110%}妈妈 als māma gesprochen, dabei tritt hier der neutrale Ton bei der zweiten Silbe auf, obgleich beide für das gleiche Schriftzeichen stehen.


Töne können untereinander auch – in einem sogenannten Tonsandhi – interagieren. So folgen im gesprochenen Hochchinesischen niemals zwei Silben mit drittem Ton aufeinander. Stoßen zwei Silben mit drittem Ton aufeinander, so wird die erste Silbe im zweiten Ton ausgesprochen. Andere Sprachen haben zum Teil sehr viel komplexere Interaktionsregeln.


Da es sich hier um Interaktionen in bestimmten Lautumgebungen handelt, kann man den „fünften Ton“ nicht als ein eigenständiges tonales Phonem (Tonem) wie die anderen vier Töne betrachten. Es handelt sich also um einen Alloton.



Siehe auch |



  • Lautsprache

  • Akzente in den skandinavischen Sprachen



Literatur |



  • Peter Auer, Peter Gilles, Helmut Spiekermann: Silbenschnitt und Tonakzente. Niemeyer, Tübingen 2002, ISBN 3-484-30463-4.

  • Jostein Budal: Fem tonar. Unipub, Oslo 2002, ISBN 82-996588-0-2.

  • Victoria A. Fromkin (Hrsg.): Tone. A linguistic survey. Academic Press, New York 1978, ISBN 0-12-267350-6.

  • Jürgen E. Schmidt: Die mittelfränkischen Tonakzente. Rheinische Akzentuierung (= Mainzer Studien zur Sprach- und Volksforschung 8). Steiner, Stuttgart 1986, ISBN 3-515-04803-0.

  • Alfons Weidert: Tonologie. Ergebnisse, Analysen, Vermutungen. Narr, Tübingen 1981, ISBN 3-484-30105-8.

  • Moira Yip: Tone. Cambridge University Press, 2002, ISBN 0-521-77445-4.



Weblinks |



 Wiktionary: Tonsprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Einzelnachweise |




  1. Københavns Universitet: Dialekttræk (Memento vom 9. Mai 2010 im Internet Archive)




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