Bithynien






Bithynien (rosa) umgeben von Diadochenstaaten um 250 v. Chr.




Kleinasien in der Antike




Römische Provinz Bithynia 90 v. Chr.




Römische Provinz Bithynia 74 v. Chr.




Bithynien 840 n. Chr.


Bithynien (griechisch Βιθυνία Bithynia) war zunächst eine antike Landschaft, später ein Königreich, dann römische Provinz im nordwestlichen Kleinasien. In Bithynien war der thrakische Stamm der Thynen angesiedelt.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geographie


  • 2 Städte


  • 3 Geschichte


    • 3.1 Römische Provinz


    • 3.2 Kreuzzüge




  • 4 Liste der Herrscher Bithyniens


    • 4.1 Dynasten


    • 4.2 Könige




  • 5 Römische Zeit


  • 6 Persönlichkeiten


  • 7 Literatur


  • 8 Weblinks


  • 9 Einzelnachweise





Geographie |


Bithynien wird gegen Westen und Norden vom Marmarameer und dem Pontus Euxinus, gegen Süden vom Olympos bei etwa 40° n. Br. begrenzt. Gegen Osten trennt es der Parthenios von Paphlagonien; im Süden sind die anstoßenden Länder Galatien, Phrygien und Mysien.


Das Land ist im Osten und Süden von waldreichen Gebirgen geprägt (außer dem Olympos bei Bursa, der Orminios, jetzt Işik Dağ, im Osten); die niedrigere und von fruchtbaren Tälern durchschnittene Westhälfte enthält einige große Landseen, wie den Askanischen See bei Nikäa und den Artynischen See, an dem Apollonia liegt.


Hier im Westen schneiden auch zwei Meerbusen tief ins Festland ein: der von Astakos (beim heutigen İzmit) und der von Kios. Größter Fluss ist der Sangarios; außerdem der Billäos (jetzt Filias) in der Osthälfte.



Städte |



  • Kalchedon

  • Helenopolis


  • Nikomedia (heute İzmit)


  • Nikäa (heute İznik)


  • Prusa (heute Bursa)

  • Prusias ad Hypium



Geschichte |


Die politische Bildung Bithyniens erfolgte um 430 v. Chr. unter Doidalses, der ein Dynastengeschlecht gründete. Gegen die persischen Satrapen konnte das Land seine Unabhängigkeit behaupten.


Den Satrapen Alexanders des Großen, Kalas, konnte der bithynische Dynast Bas 333/28 v. Chr. abwehren. Antigonos Monophthalmos hielt die Expansionsbestrebungen seines Sohnes und Nachfolgers Zipoites' gegenüber den griechischen Städten dieses Gebietes auf. Zipoites stellte Geiseln und scheint mit Antigonos verbündet gewesen zu sein, wie stark die Abhängigkeit von diesem war, ist in der Forschung umstritten. In der Folgezeit konnte sich Zipoites gegen Lysimachos und zwei seiner Generäle behaupten. Einen Sieg über diesen nahm er wohl im Herbst 297 v. Chr. zum Anlass, den Königstitel anzunehmen. Kurz nach der Schlacht von Kurupedion (281 v. Chr.) starb Zipoites. Sein Sohn und Nachfolger Nikomedes I. setzte die Politik seines Vaters fort, sich der jeweiligen politischen Großwetterlage anpassend, territoriale Gewinne anzustreben. Er kämpfte erfolgreich gegen Antiochos I. Soter, verbündete sich 277 v. Chr. mit den Galatern und erweiterte sein Reich durch die Eroberung des nordöstlichen Teils von Phrygien. 264 v. Chr. gründete er die Hauptstadt Nikomedia.


Unter Prusias I. erreichte Bithynien seine größte Ausdehnung und nahm 184 v. Chr. den flüchtigen Hannibal auf, den es aber nicht gegen die Römer schützen konnte. Der letzte König, Nikomedes IV., wurde von Mithridates VI. von Pontus zweimal vertrieben, von den Römern aber jeweils neu eingesetzt. Bei seinem Tod 74 v. Chr. vermachte er sein Reich den Römern, die es auch unter Lucius Licinius Lucullus gegen Mithridates behaupteten.



Römische Provinz |


Bithynia wird römische Provinz, die Hauptstadt bleibt Nicomedia, und bildet zunächst mit der Provinz Asia einen Zollbezirk. 64 v. Chr. wird die Doppelprovinz Bithynia et Pontus eingerichtet.


Bithynia ist von 27 v. Chr. bis unter Marc Aurel fast durchgehend senatorische Provinz. Kaiserlich ist die Provinz mehrfach unter Claudius und Nero. Auch als Plinius der Jüngere hier 109–111 unter Trajan Legat ist, steht es offenbar unter direkter kaiserlicher Verwaltung. Der Briefwechsel des Plinius mit seinem Kaiser ist eine wichtige Quelle für die Verwaltungsgeschichte Roms allgemein und für Bithynien im Besonderen. Außerordentliche Berühmtheit erlangte der Brief, in dem Plinius anfragt, wie mit dem in Bithynien wie eine Krankheit verbreiteten Christentum zu verfahren sei: „Nicht nur über die Städte, sondern auch über die Dörfer und das flache Land hat sich die Seuche dieses bösen Aberglaubens ausgebreitet.“ (Plinius ep. 10,96,9). Bereits aus dem Anschreiben des 1. Petrusbriefes („Petrus, ein Apostel Jesu Christi, den Fremdlingen in der Zerstreuung in Pontus […] und Bithynien […]“) hat man auf eine Anwesenheit des Apostels in den 40er Jahren des 1. Jahrhunderts schließen wollen, die aber historisch nicht nachweisbar ist.


Bei der Provinzreform des Kaisers Diokletian 295 wurde sie in die Provinzen Bithynia, Paphlagonia und Diospontus geteilt.


Dadurch war Bithynien schon im byzantinischen Reich keine administrative Einheit mehr und wurde bei der Provinzreform im 7. Jahrhundert dem Thema von Opsikion zugeteilt, später noch einmal zwischen diesem und dem Thema Optimatoi geteilt.



Kreuzzüge |


1074–1097 war das Land im Besitz der Seldschuken, bis die Ritter des Ersten Kreuzzugs das Land für das Byzantinische Reich zurückeroberten. Während der Dauer des Lateinischen Kaisertums in Konstantinopel (1204–1261) war Nikäa in Bithynien Sitz des griechischen Kaisers. Nach 1298 unternahm der osmanische Sultan Osman I. mehrere Plünderungszüge nach Bithynien. Sein Sieg über eine byzantinische Streitmacht in der Schlacht von Bapheus (1302) leitete die osmanische Inbesitznahme dieser Region ein. 1326 wurde das eroberte Prusa (Bursa) schließlich Hauptstadt des Osmanischen Reiches.



Liste der Herrscher Bithyniens |



Dynasten |




  • Doidalses (bezeugt 435/4 v. Chr.)


  • Boteiras (?–377/6 v. Chr.)


  • Bas (377/6–328 v. Chr.)



Könige |




  • Zipoites (328–280 v. Chr.)


  • Nikomedes I. (280–255/3 v. Chr.)


  • Ziaelas (ca. 250–ca. 230 v. Chr.)


  • Prusias I. (ca. 230–182 v. Chr.)


  • Prusias II. (182–149 v. Chr.)


  • Nikomedes II. Epiphanes (149–128/7 v. Chr.)


  • Nikomedes III. Euergetes (128/7–ca. 94 v. Chr.)


  • Nikomedes IV. Philopator (ca. 94–74 v. Chr.)



Römische Zeit |


Ausgewählte römische Prokonsuln, Prokuratoren und Legaten (die in dieser Liste unterstellte Zweijährigkeit der Amtsführung ist nur in wenigen Einzelfällen belegt):





































































































































































































































































































































































































































































































Jahr
Prokonsul
Procurator
Leg. aug. pr.pr.
61–59 v. Chr.
C. Papirius Carbo


58–57 v. Chr.
NN.


56/55 v. Chr.
C. Caecilius Cornutus


49/48 v. Chr.
A. Plautius


47 v. Chr.

C. Vibius Pansa Caetronianus[1]


46–28 v. Chr.
NN.


27 v. Chr.
BITHYNIA senatorische Provinz
16–13 v. Chr.



C. Marcius Censorinus[2]
29/8 v. Chr. oder 28/7 v. Chr.[3]
Thorius Flaccus[4] (vor 15)


?
Ap. Claudius Pulcher (vor 15)


?
L. Licinius (vor 15)


14–15

M. Granius Marcellus[5]


15–17?
L. Vedius Lepidus


18/19
P. Vitellius


20–41
NN (Lücke)[2]


41–43
? L. Min(i)dius Pollio


43–45
? L. Min(i)dius Balbus (zw. 42 u. 47)


45–47
? L. Dunius Severus[2]


47–49
C. Cadius Rufus (49 verurteilt wg. Erpressung)[6]


49–51
P. Pasidienus Firmus (nach 47/48)[7]
Iunius C(h)ilo I[8]

51–53
?
Iunius C(h)ilo II[9]

53–55
?
Iunius C(h)ilo III ? (verurteilt wg. Bestechlichkeit)

55–57 ?
? Ti. Attius Laco (zw. 54 u. 59)[10]


57–59

T. Petronius ? (vorbildliche Amtsführung)[11]
C. Iulius Aquila[12]

59–61
M. Tarquitius Priscus (61 verurteilt wg. Erpressung)[13]


61–63
? L. Montanus (zw. 54 u. 69)


63–65
?


65–67
?


67–69
?


ca. 70–71
M. Plancius Varus[14]


ca. 71–72
M. Maecius Rufus[15]


ca. 72–75
?


ca. 75–76
M. Salvidenus Asprenas


ca. 76–77
M. Salvidienus Proculus[16]


ca. 77–79
? M. Plancius Varus (unter Vespasian)


ca. 79–80
Velius Paulus


ca. 80–82
?


ca. 82–83
? M. Minicius Rufus (zw. 81 u. 96)[17]


ca. 83–84
A. Bucius Lappius Maximus (zw. 81 u. 96)[18]


ca. 84–85

Ti. Iulius Celsus Polemaeanus (zw. 81 u. 96)


ca. 85–89
?


ca. 89–90
L. Iulius Marinus (zw. 81 u. 96)


ca. 90–96
?


96–97
Tullius Iustus[19]


97–100
?


ca. 100–101
C. Iulius Bassus[20]


101–105
?


ca. 105–106
Varenus Rufus


106–108
?


ca. 108–109
P. Servilius Calvus


107–109
?


ca. 109–111

Maximus[21]

C. Plinius Caecilius Secundus[22]
111–114/115


C. Iulius Cornutus Tertullus
114/115–134
?


ca. 134–136


C. Iulius Severus
142/143?
Q. Voconius Saxa Fidus


146/147?
L. Coelius Festus


um 160
Q. Cornelius Senecio Annianus


gegen 160
Q. Roscius Murena



BITHYNIA vermutlich seit Marc Aurel kaiserl. Provinz.
ca. 162–166



L. Hedius Rufus Lollianus Avitus
zw. 175 u. 182
L. Albinius Saturninus


183
Severus


zw. 186 u. 189



M. Didius Severus Iulianus (Kaiser 193)
193–194



L. Fabius Cilo
198–199


Q. Tineius Sacerdos
?


M. Claudius Demetrius
zw. 202 u. 205


Ti. Claudius Callipianus Italicus



Aelius Antipater (unter Septimius Severus)



Pollio (unter Elagabal)
218


Caecilius Aristo



C. Claudius Attalus Paterculianus
230/235


L. Egnatius Victor Lollianus
um 220?



M. Clodius Pupienus Maximus (Kaiser 238)
220–298
NN.


ca. 299 bis n. 303


Sossianus Hierocles
305–355
NN


356

Fl. Eusebius[23]


357
NN


380
* Hormisdas[24]




Persönlichkeiten |



  • Asklepiades von Bithynien (* um 124 v. Chr. in Prusa in Bithynien, Kleinasien; † 60 v. Chr. in Rom) griechischer Arzt und Philosoph


Literatur |




  • Christian Marek: Pontus et Bithynia. Die römischen Provinzen im Norden Kleinasiens. von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-2925-3 (Orbis Provinciarum/Zaberns Bildbände zur Archäologie/Sonderbände der Antiken Welt), (auch mit einem Abriss der vorrömischen Geschichte).

  • Sencer Sahin: Bithynische Studien. Bithynia Incelemaleri. Habelt, Bonn 1978 (Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien, Bd. 7), ISBN 3-7749-1497-4 (Dt.-türk. abgefasst).



Weblinks |



 Wikisource: RE:Bithynia – Quellen und Volltexte


 Wiktionary: Bithynien – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Einzelnachweise |




  1. Cos. 43 v. Chr.


  2. abc Marek (2003) S. 48.


  3. Clemens Bosch, Die Kleinasiatischen Münzen der römischen Kaiserzeit II, 1 (Stuttgart 1935), S. 78


  4. Marek (2003) S. 47.


  5. Tacitus (Annalen 1, 74, 1) nennt M. Granius Marcellus „praetor“


  6. Tacitus Annalen 12, 22. Zum praenomen „C.“: Marek (2003) S. 48, auch auf Münzen Γαίου „= Gaius“.


  7. Marek (2003) S. 48; Der Kleine Pauly 3, Sp. 642, hier jed. mit A. Licinius Nerva Silianus Pasidienus Firmus identifiziert.


  8. Cilo ist durch Münzen als Procurator bestätigt.


  9. Cassius Dio 60, 33, 6.


  10. Datierung durch Münzen, die Nero und die 59 ermordete Agrippina zeigen.


  11. Tacitus Annalen 16, 18.


  12. Einzige ihm zugehörige lateinische Inschrift CIL III 346.


  13. Tacitus Annalen 14, 46.


  14. Auf Münzen aus der Zeit des Vespasian. M. Plancius Varus war ca. 82/83 cos. suff.


  15. Auf Münzen aus der Zeit des Vespasian und des Titus (79–81).


  16. Nach Marek (2003) S. 48 unter Vespasian/Titus (vor 81), jedoch Name (auch?) auf Münzen aus der Zeit des Domitian (81–96).


  17. Auf Münzen aus der Zeit des Domitian (81–96).


  18. Plinius ep. 10,58,6.


  19. Unter Nerva, siehe Plinius ep. 10,58,10.


  20. C. Iulius Bassus wird im Jahr 103 von Plinius verteidigt.


  21. Plinius ep. 10,27,1 10,85,1.


  22. Unter Plinius war ein Gavius Bassus Preafectus orae Ponticae (Plinius ep. 10,21,1 10,86a,1).


  23. consularis Bithyniae.


  24. Ammian 26,8.




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