Symbolisches Kapital
Das symbolische Kapital ist eine der vier von Pierre Bourdieu geprägten Kapitalsorten. Dieses hat aber, im Gegensatz zum ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapital, eine übergeordnete Rolle.
Der soziologische Begriff bezeichnet vor allem die Chancen, die zur Gewinnung und Erhaltung von sozialer Anerkennung und sozialem Prestige führen. Dieses kann mittels Einsetzen der anderen Kapitalsorten geschehen. So kann etwa aus Legitimierung des kulturellen Kapitals symbolisches Kapital gewonnen werden. Ein anderes Beispiel wäre Sponsoring, das dem Besitzer von ökonomischem Kapital zu sozialer Anerkennung verhilft. Aber auch alle anderen Formen der Gewinnung und Erhaltung von Prestige, wie die einschlägigen Praktiken von Künstlern, Politikern, Fernsehstars, sowie bekannten Sportlern, können zu symbolischem Kapital führen.
Als Zeichen gesellschaftlicher Anerkennung und sozialer Macht bzw. sozialer Gewalt verleiht das symbolische Kapital Prestige, Reputation, Ehrenzeichen, Privilegien und Positionen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Verfügung über die anderen Kapitalsorten, die Akteure und die verschiedenen Klassen vermittels einer bestimmten distinktiven Sprache und anderer körperlicher Ausdrucksformen wie Kleidung, Stil und Verhalten.
Es ist zwar möglich, symbolisches Kapital von jedem anderen Kapitaltyp herzuleiten, trotzdem kann es aber nur dort erfolgreich eingesetzt werden, wo es von den Kontrahenten vor dem Hintergrund eines gemeinsamen kulturellen Musters als überlegen erkannt und anerkannt wird. Als Beispiel symbolischen Kapitals, welches als symbolische Gewalt genutzt wird, kann laut Bourdieu die männliche Herrschaft dienen:
„Es ist jene sanfte, für ihre Opfer unmerkliche, unsichtbare Gewalt, die im Wesentlichen über die rein symbolischen Wege der Kommunikation und des […] Anerkennens oder äußerstenfalls des Gefühls ausgeübt wird.“
Inhaltsverzeichnis
1 Kapitalsorten
2 Vorgänger
3 Literatur
4 Einzelnachweise
Kapitalsorten |
Die vier Kapitalsorten von Pierre Bourdieu:
- Ökonomisches Kapital
Kulturelles Kapital
- inkorporiert
- objektiviert
- institutionalisiert
- Soziales Kapital
- Symbolisches Kapital („gemeinhin als Prestige, Renommee usw. bezeichnet“)
Das symbolische Kapital kann nicht mit den anderen drei Kapitalsorten gleichgesetzt werden, da ja erst die Summe dieser drei das symbolische Kapital bildet. Grundlegend unterscheidet sich symbolisches Kapital vom ökonomischen und kulturellen Kapital der Art seines Entstehens nach. Es tritt nämlich meist im Verbund mit anderen Ressourcen auf, zu deren Legitimierung und Kraft es dann beiträgt. Konträr dazu gesehen ist soziales Kapital immer auch Teil symbolischen Kapitals, da es auf Anerkennung angewiesen ist, um als Machtmittel einsetzbar zu sein. Zusätzlich unterscheidet sich das symbolische Kapital von den anderen Kapitalsorten dadurch, dass es sich nicht ausschließlich im sozialen Raum, sondern auch in den Lebensstilen wiederfindet.
In einem späteren Werk Bourdieus wird der Radius des symbolischen Kapitals auf den religiösen Aspekt erweitert. Dies erklärt er dadurch, dass heutzutage noch kaum jemand den Sinn seines Lebens in der Religion sieht, und Menschen nun darauf angewiesen sind, die Rechtfertigung ihres Daseins bei den anderen Menschen zu suchen.
Vorgänger |
Zu früheren Vertretern ähnlicher Konzepte gehörten u. a. Georg Simmel mit seinem Lebensstilbegriff (Das Problem des Stiles 1908) und Thorstein Veblen mit seinem Begriff des spirituellen Kapitals.[1] Veblen geht davon aus, dass Konflikte über materielle Ressourcen oft erst in spirituelles Kapital (Religion, Patriotismus) konvertiert werden müssen, bis sie die Massen mobilisieren.
Literatur |
- Werner Fuchs-Heinritz und Alexandra König: Pierre Bourdieu. Eine Einführung. UVK, Konstanz und München 2011 (2. Aufl.) ISBN 978-3-8252-3551-2 (UTB 2649).
- Pierre Bourdieu: Sozialer Raum und Klassen. Zwei Vorlesungen. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1985 ISBN 3-518-28100-3 mehrere Neuaufl. (franz. Leçon sur la leçon. 1982).
- Pierre Bourdieu, Jean-Claude Passeron: Grundlagen einer Theorie der symbolischen Gewalt. Frankfurt a. M. Suhrkamp 1973 ISBN 3-51807-365-6 (franz. 1970).
- Pierre Bourdieu: Zur Soziologie der symbolischen Formen. Suhrkamp 2000, Frankfurt a. M. 1974, ISBN 3-51827-707-3 (franz. 1970).
- Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt a. M. 1982, ISBN 3-51828-258-1 (franz. 1979).
- Pierre Bourdieu: Rede und Antwort. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1992, ISBN 3-51811-547-2 (franz. 1987).
- Pierre Bourdieu: Die männliche Herrschaft. Frankfurt a. M. 2005, ISBN 3-518-58435-9 (franz. 1998).
Einzelnachweise |
↑ An Inquiry into the Nature of Peace and the Terms of its Perpetuation (1917), Kindle edition, Chapter I.