Hydrolyse




Die Hydrolyse (altgr. ὕδωρ hydor „Wasser“ und λύσις lýsis „Lösung, Auflösung, Beendigung“) ist die Spaltung einer (bio)chemischen Verbindung durch Reaktion mit Wasser.[1] Dabei wird (formal) ein Wasserstoffatom an das eine „Spaltstück“ abgegeben, der verbleibende Hydroxyrest an das andere Spaltstück gebunden. Die Umkehrung der Hydrolyse ist eine Kondensationsreaktion. Sofern bei der Reaktion auch das Lösungsmittel Wasser ist, zählt die Hydrolyse zu den Solvolysen.[2]


Allgemein gilt:



X−Y + H−OH⟶ X−H + Y−OH{displaystyle mathrm {{color {Red}X{-}Y} + {color {Blue}H{-}OH}longrightarrow {color {Red}X{-}}{color {Blue}H} + {color {Red}Y}{color {Blue}{-}OH}} }{mathrm  {{color {Red}X{-}Y} + {color {Blue}H{-}OH}longrightarrow  {color {Red}X{-}}{color {Blue}H} + {color {Red}Y}{color {Blue}{-}OH}}}

Hydrolyse der Verbindung XY.


Abweichend von der oben genannten Definition wurde der Begriff Hydrolyse, auch Salzhydrolyse genannt, von Arrhenius zur Beschreibung von basischen oder sauren Reaktionen verwendet, die beim Lösen von Salzen auftreten, deren Säure- bzw. Basenreste sich von schwachen Säuren bzw. schwachen Basen ableiten.[3] Die Hydrolyse ist hier eine Umkehrung der Neutralisation. Siehe dazu Säure-Base-Konzept nach Arrhenius.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Beispiele


  • 2 Enantioselektive Hydrolyse


  • 3 Hydrolyse von Biomolekülen


  • 4 Siehe auch


  • 5 Einzelnachweise





Beispiele |



  • Hydrolyse von Alkylfluoriden[4]

  • Hydrolyse von Carbonsäurechloriden zu Carbonsäuren und Chlorwasserstoff[5]

  • Hydrolyse von Benzylchlorid zu Benzylalkohol und Chlorwasserstoff[6]

  • Hydrolyse von Calciumcarbid zu Acetylen und Calciumhydroxid[7]

  • Hydrolyse von Carbonsäureamiden zu Carbonsäuren[8]

  • Hydrolyse von Carbonsäureanhydriden zu Carbonsäuren[9]

  • Hydrolyse von pflanzlichen oder tierischen Fetten zu Glycerin und Fettsäuren[10]

  • Hydrolyse eines Carbonsäureesters zu Carbonsäure und Alkohol

  • Hydrolyse eines Laktons zur entsprechenden ω-Hydroxycarbonsäure

  • Esterhydrolasen katalysieren die Hydrolyse eines Enantiomers chiraler Ester zu Carbonsäure und Alkohol, das andere Enantiomer wird nicht hydrolysiert[11]

  • Hydrolyse von Acetalen zu Aldehyden und Alkoholen[12]

  • Hydrolyse von Ketalen zu Ketonen und Alkoholen[12]

  • Hydrolyse von Grignard-Verbindungen[13]

  • Hydrolyse von Isocyaniden[14]

  • Hydrolyse von Isothiocyanaten[15]

  • Hydrolyse von Nitrilen[16] über Carbonsäureamide zu Carbonsäuren

  • Hydrolyse von Oximen zu Carbonylverbindungen (Aldehyde oder Ketone) und Hydroxylamin[17]

  • Hydrolyse von Iminen zu Carbonylverbindungen (Aldehyde oder Ketone) und primären Aminen[17]

  • Hydrolyse von Hydrazonen zu Carbonylverbindungen (Aldehyde oder Ketone) und Hydrazin[17]

  • Hydrolyse von Orthocarbonsäureestern[18]

  • Hydrolyse von Oxiranen[19][20]

  • Partielle Hydrolyse von Peptiden, bei der nur einige Peptidbindungen gespalten werden[21]

  • Hydrolyse bei Polyurethan[22]

  • Hydrolyse von Sulfonylchloriden[23]

  • Hydrolyse von Tetrachlorsilan zu Siliziumdioxid und Chlorwasserstoff[24]

  • Hydrolyse von tert-Butylchlorid


Die meisten der oben aufgelisteten Hydrolysen laufen besser und schneller ab, wenn man die Reaktion im sauren oder basischen Medium durchführt, statt bei neutralem pH-Wert. Beispiele sind die saure Hydrolyse von Estern, die die Umkehrreaktion zur Veresterung darstellt, sowie die im basischen ablaufende Verseifung.[25]



Enantioselektive Hydrolyse |


Ester chiraler Carbonsäuren oder chiraler Alkohole können enantioselektiv unter dem Einfluss von Lipasen hydrolysiert werden. Dabei bilden sich enantiomerenreine Alkohole bzw. enantiomerenreine Carbonsäuren.
Analog lassen sich racemische Amide enantioselektiv in Gegenwart von Acylasen hydrolysieren. Das Verfahren wird industriell zur Herstellung der Aminosäure L-Methionin aus N-Acetyl-DL-methionin angewandt.[26][27]



Hydrolyse von Biomolekülen |


Durch Hydrolyse werden viele Biomoleküle (z. B. Proteine, Disaccharide, Polysaccharide oder Fette) im Stoffwechsel in ihre Bausteine (Monomere) zerlegt, meist unter Katalyse durch ein Enzym (Hydrolase).[28]


Eine wichtige Hydrolyse-Reaktion, die Proteinen Energie für mechanische Arbeit, Transportprozesse u. ä. gibt, ist die Spaltung von ATP zu ADP und einem Phosphatrest.


Bei der Analyse der Aminosäurezusammensetzung von Proteinen werden gereinigte Proteine unter Luftausschluss und Temperaturen > 100 °C durch hohe Konzentrationen von Salzsäure hydrolysiert. Durch das Hydrolysat des Proteins kann – unter Kenntnis der jeweiligen Stabilität der freigesetzten Aminosäuren unter Standardbedingungen und deren Korrekturfaktoren – auf den Anteil der jeweils peptidisch gebundenen Aminosäure am Aufbau des Proteins geschlossen werden.



Siehe auch |



  • Ammonolyse

  • Alkoholyse

  • Hydrolytische Klasse

  • Kollagen-Hydrolysat



Einzelnachweise |




  1. Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, S. 562.


  2. Siegfried Hauptmann: Reaktion und Mechanismus in der organischen Chemie. B. G. Teubner, Stuttgart, 1991, S. 78, ISBN 3-519-03515-4.


  3. Eintrag zu Hydrolyse. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juni 2014.


  4. Ivan Ernest: Bindung, Struktur und Reaktionsmechanismen in der organischen Chemie. Springer-Verlag, 1972, S. 110, ISBN 3-211-81060-9.


  5. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 415, ISBN 3-342-00280-8.


  6. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 173, ISBN 3-342-00280-8.


  7. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 263, ISBN 3-342-00280-8.


  8. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 423, ISBN 3-342-00280-8.


  9. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 409, ISBN 3-342-00280-8.


  10. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 331 u. 739, ISBN 3-342-00280-8.


  11. Hans Beyer, Wolfgang Walter: Organische Chemie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 1991, 22. Auflage, Seite 895, ISBN 3-7776-0485-2.


  12. ab Ivan Ernest: Bindung, Struktur und Reaktionsmechanismen in der organischen Chemie, Springer-Verlag, 1972, S. 101, ISBN 3-211-81060-9.


  13. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 204, ISBN 3-342-00280-8.


  14. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 431, ISBN 3-342-00280-8.


  15. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 471, ISBN 3-342-00280-8.


  16. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 429, ISBN 3-342-00280-8.


  17. abc Siegfried Hauptmann: Reaktion und Mechanismus in der organischen Chemie. B. G. Teubner, Stuttgart, 1991, S. 152, ISBN 3-519-03515-4.


  18. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 421, ISBN 3-342-00280-8.


  19. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 558, ISBN 3-342-00280-8.


  20. Siegfried Hauptmann: Reaktion und Mechanismus in der organischen Chemie. B. G. Teubner, Stuttgart, 1991, S. 176, ISBN 3-519-03515-4.


  21. Paula Yurkanis Bruice: Organic Chemistry, Pearson Education Inc., 2004, 4. Auflage, S. 1201, ISBN 0-13-121730-5.


  22. Hydrolyse bei PU-Zwischensohle, abgerufen am 3. Februar 2018.


  23. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 482, ISBN 3-342-00280-8.


  24. Siegfried Hauptmann: Reaktion und Mechanismus in der organischen Chemie. B. G. Teubner, Stuttgart, 1991, S. 8–9, ISBN 3-519-03515-4.


  25. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie. 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 418–419, ISBN 3-342-00280-8.


  26. Bernd Hoppe, Jürgen Martens: Aminosäuren – Bausteine des Lebens, Chemie in unserer Zeit, 17. Jahrg. 1983, Nr. 2, S. 41–53, ISSN 0009-2851.


  27. Bernd Hoppe, Jürgen Martens: Aminosäuren – Herstellung und Gewinnung, Chemie in unserer Zeit, 18. Jahrg. 1984, Nr. 3, S. 73–86, ISSN 0009-2851.


  28. Hans Beyer, Wolfgang Walter: Organische Chemie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 22. Auflage, 1991, S. 894–896, ISBN 3-7776-0485-2.




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